Von Karl-Heinz zu Jochanan
Der Weg eines Mannheimer Jeckes
Gebundene Ausgabe – 22. November 2024
Die Lebenswege der beiden Mannheimer Brüder Karlheinz (Jochanan) und Gerhard (Jerry) Valfer sind ein weiteres Puzzleteil in der reichen Geschichte des hiesigen Jüdischen Lebens. Aus einem harmonischen und durchaus gehobenen Familienleben herausgerissen, verlaufen die Schicksale völlig unterschiedlich, erleben die Brüder während des Naziregimes Willkür, Lager, Kampf, Not und Elend, finden sich jedoch nach dem Krieg wieder. Dennoch gibt es keinen gemeinsamen Weg, Jochanan bleibt in Israel, Jerry in den USA, auch wenn die Familien trotz der großen räumlichen Distanz sich freundschaftlich verbunden sind. Heinz Sigmund hat die Geschichte der beiden Brüder anhand der Tagebuch-Aufzeichnungen von Jochanan, mit dem er befreundet war, und der Dokumentation von Jerrys Lebensweg im Archiv der Spielbergschen Shoa-Stiftung nachgezeichnet und durch zahlreiche Erläuterungen ergänzt.
Autor Heinz Sigmund
Heinz Sigmund wurde 1954 im Odenwald geboren, studierte nach Abitur und Zivildienst in Eberbach Evangelische Theologie in Heidelberg, war acht Jahre Gemeindepfarrer im Kraichgau und wechselte 1993 in den Schuldienst nach Mannheim. Bis zum Ruhestand unterrichtete er in mehreren Schulen in Mannheim und Weinheim Evangelische Religion. Prägend in jungen Jahren waren ein Aufenthalt mit Aktion Sühnezeichen/Friedensdienst in der Gedenkstätte Auschwitz und zwei Jugendreisen nach Israel. Solidarität mit Israel wurde ihm zur „Personalräson“. Es folgten mehrere Reisen nach Israel, darunter längere Aufenthalte 1992/93 in einem Sabbat(halb)jahr und 2019 nach dem Eintritt in den Ruhestand. Die Geschichte von Jochanan Valfer hat er vor dem Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023 aufgezeichnet. Auf schreckliche Weise hat sich noch einmal gezeigt, wie wichtig Israel als Zufluchtsstätte für Menschen wie Jochanan war und bleiben wird.
Vor Kurzem ist das Buch über Jochanan und Jerry Valfer erschienen, die ihre Kindheit in Mannheim als Karl-Heinz und Gerhard verbrachten. Es geht um das Schicksal von zwei Brüdern im 20. Jahrhundert, jüdische Mannheimer, die in Deutschland nicht leben durften, aber sich vor den Nationalsozialisten retten konnten. „Während Europa vor 1945 Teil der jüdischen Hoffnung auf Freiheit war, ist dieser europäische, jüdische Traum heute entweder in den USA oder in Israel angesiedelt,“ schreibt Natan Sznaider in seinem unbedingt lesenswerten Buch „Politik des Mitgefühls“ (Weinheim 2021, S.161) und weiter: „Amerika wurde zur Erfüllung des europäischen Traums, weil zur Emanzipation nur der Atlantik überquert werden musste. Man konnte Gleicher unter Vielen sein. Israel wurde zur Erfüllung des europäischen Traums, weil Minderheitenrechte nun in Rechte der Mehrheit übersetzt wurden“ (ebd.). Mannheim- Israel-USA: Jochanan und Gerhard legen Zeugnis ab von einem Stück wenig beachteter Geschichte in dem Jahrhundert, als mit Auschwitz der „Zivilisationsbruch“ (Dan Diner) geschah.
Die ausführliche Übersetzung ins Deutsche von Oded Netivi, auf die im Buch gelegentlich verwiesen wird, findet sich hier: